Das Problem mit dem Positiven. Wie fühlt man sich wohl?


Für mich ist es nicht leicht, positiv zu denken oder zu fühlen. Fast jeder kennt das, wenn es einem gut geht, dann ist es leichter, etwas Positives zu sehen. Der Regen ist gut für die Blumen und nicht einfach nur durchnässend. Grau ist nicht bedrückend, sondern macht Lust auf einen gemütlichen Tag Daheim. Geht es einem gut, kann man mit bestimmten Dingen, besser umgehen, der Blutdruck steigt nicht direkt in die Höhe, es fällt leichter freundlich zu bleiben und auch die andere Seite bei einer Diskussion zu sehen.
Geht es einem nicht gut, steckt man in einer schwierigen Phase, hat Sorgen, Geldprobleme, dann ist es verdammt schwer, etwas Positives wahrzunehmen. Wenn dein Dach heile ist, kann der Regen eine beruhigende Wirkung haben. Ist dein Dach kaputt und es regnet dir auf den Kopf, verliert der Regen seine beruhigende Wirkung.
Die Herausforderung besteht für mich darin, in “Kaputten-Dach-Zeiten“ nicht in Gefühlen von Wut, Traurigkeit und Hilflosigkeit zu ertrinken.
Sich wohlfühlen, Positives sehen, Glücklichsein, das sind für mich essenzielle Dinge. Ich beschäftige mich damit, um zu leben. Das ist kein Modetrend, den ich mal ausprobieren möchte, es ist eine tiefe Überzeugung. Mit 18 Jahren stand ich mit einer Rasierklinge im Bad. Die Gedanken an die Menschen, die mich brauchen, wirkte nicht mehr, er hielt mich nicht zurück. Plötzlich war da dieser Gedanke, diese Stimme, die mir sagte: „Da muss es noch mehr geben. Da draußen muss es noch mehr geben!“
Plötzlich war Stille in mir. Ich fühlte und dachte nichts mehr, bis auf einen Gedanken, “Ja, da muss es noch mehr geben.“
Ich würde zu gern behaupten, dass ich seit diesem Zeitpunkt glücklich bin und mein Leben ein tägliches Hüpfen über Blumenwiesen ist. Leider kann ich die Geschichte so nicht weiterführen, doch schauen mir uns erst das “Mehr“ an.

Was bedeutet “Da draußen muss es noch mehr geben!“? Für mich bedeutete der Satz, dass es noch mehr außer Streit, Schmerz, Verletzungen, Wut, Aggressionen, Verluste, Hilflosigkeit und Einsamkeit geben muss, mehr Positives. Da draußen muss es doch auch Harmonie, Freude, Glück, Sanftheit, Zuneigung, Vertrauen, Zuversicht und Geborgenheit geben.
Das gibt es dort Draußen, bringt nur leider nichts, wenn du es im Inneren nicht fühlen, nicht annehmen kannst. Das Annehmen fällt schwer, wenn du es nicht gelernt hast und wenn schlimme Dinge geschehen.

Die Blümchenwiese wurde immer wieder zu seinem Sumpf aus grauem Matsch aus Verlusten, Angst, Traurigkeit, Depressionen, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Deswegen beschäftige ich mich mit dem positiven Denke, der Positiven-Wahrnehmung, dem Wohlbefinden, dem Glücklichsein, der Freude, weil diese Dinge für mich keine Selbstverständlichkeit sind.

Der Sommer riecht ganz anders als der Frühling. Der Winter klingt anders als der Herbst. Der warme Frühlingswind streicht über die Wange, gleich einem zarten Kuss der Freundschaft. Eine Umarmung kann mehr sagen als tausend Worte. Die Frau an der Ampel strahlte aus tiefstem Herzen, sie freute sich, war glücklich und plötzlich schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht, obwohl ich den Kopf voller Sorgen hatte. Ein freundliches Wort. Ein köstliches Essen. Ein schlechter Witz. Toller Sex. Das Rauschen der Blätter im Wind. Das Lächeln eines Kindes. Das Miauen einer Katze. Es gibt wundervolle Dinge auf der Welt, in unseren Leben.

Die Herausforderung ist, diese wundervollen Dinge zu sehen, zu spüren und zu denken.